Das Schulwesen in Schnarrtanne
 

Die Geschichte des Schulwesens in Schnarrtanne beginnt am 02.01.1774 mit der Einführung der Schulordnung. Es ist beachtlich, dass dazu von ca. 350 Einwohnern 31 erschienen waren. Ob sie allerdings vom Zauber der Gelehrsamkeit oder vom Reiz des Neuen angelockt worden waren, das wollen wir dahingestellt lassen.
Der „Schulehalter“, Herr Johann Michael Roth, der nebenbei auch Richter war, durfte nun seines Amtes walten.
Jedoch waren die meisten Eltern so arm, dass sie sich das Schulgeld nicht leisten konnten. Außerdem brauchten sie ihre Kinder zur Arbeit. So kamen von 58 Kindern nur 25, also knapp die Hälfte in die Schule. Die bestehende Schulpflicht war deshalb illusorisch. Schon sehr bald nahmen die Schülerzahlen weiter ab. 1777 waren noch 13 übrig geblieben, und auch die fehlten im halben Jahr noch 3 Monate. Der Schulmeister hatte allen Grund zur Klage, dass seine Schule noch ganz eingehe. Als er 1779 starb kam auch das Schulwesen wieder zum Erliegen.
Neue Besen kehren gut. Dieses alte Sprichwort hatte damals schon seine Gültigkeit. Als 1780 Christian Gottlieb Gerischer als neuer Lehrer antrat, stieg die Schülerzahl wieder auf 30 an. Sie fehlten sogar nur noch etwa einen Monat im Jahr. Doch auch diesmal folgte dem erfolgversprechenden Anfang bald ein stetiger Abstieg.
Aus dem Jahr seines Abgangs liegt ein recht aufschlussreicher Bericht vor. Ein „trauriger Zustand des Schulwesens“ und die „ Unwissenheit der Jugend“, die außerdem „roh und leichtsinnig“ gewesen sein soll, waren der Grund für die Entlassung des Lehrers, der ja auch nur ein bankrotter Spitzenhändler aus Schönheide war.
Ein Bericht aus dem Jahre 1789 verdeutlicht, unter welchen Umständen der Lehrer leben und arbeiten musste.
„Ein Schulhaus hat er noch nicht. (Höchstwahrscheinlich noch nicht einmal eine eigene Stube.) Der Lehrer muss von Haus zu Haus ziehen, hat Wohnung, Bett, Bettwäsche und Tisch frei. Er erhält dann noch wöchentlich 14 Groschen gewiss, sonntags 2 Groschen für die Betstunde und führt jährlich 3-4 Singumgänge aus, deren Erlös er auch einstreichen darf. Heiraten oder Geldsammeln darf er nicht, aber doch notdürftig leben.“
Daher kann man auch verstehen, dass der nächste Lehrer – als er die Verhältnisse, unter denen er leben sollte, erfuhr, es vorzog, gar nicht erst zum Dienst anzutreten. Nachdem der Schulbetrieb wieder ein halbes Jahr geruht hatte, trat im Oktober 1789 Benjamin Traugott Hennig als Lehrer an. Da er 1837 hier verstorben ist, kann angenommen werden, dass er auch bis zu dieser Zeit sein Amt ausübte.

Währenddessen trat im Schulwesen von Schnarrtanne eine bedeutende Wandlung ein. Amtliche Verordnungen sorgten dafür, dass die seit Jahrzehnten bestehende Schulpflicht endlich auch erfüllt wurde. Von 1828 ab wurden nachweisbar alle Kinder erfasst und eingeschult.
Um 1830 wurde im Unterdorf Schnarrtanne ein um 1760-1770 erbautes Wohnhaus für 280 Taler gekauft und als Schule eingerichtet.
Dadurch wurden natürlich auch die Bedingungen, unter denen der Lehrer arbeitete, wesentlich günstiger. Er war jetzt nicht mehr von der Gunst oder Missgunst der Eltern seiner Schüler abhängig, sondern konnte mit seinen, wenn auch noch immer kärglichen Einkünften, sein Leben nach eigenem Ermessen gestalten. Allerdings stieg gleichzeitig seine Arbeitsbelastung. Hatte er früher 25 bis 30 Kinder unterrichtet, so waren es im Jahre 1836 bereits 142. Zahlen rauschen leider so leicht an unseren Ohren  vorüber, dabei können sie uns oft so viel sagen. Welch eine unendliche Arbeit und wieviel Mühe mögen zum Beispiel die 142 Kinder dem Lehrer gemacht haben, der sie täglich alleine unterrichten musste! Und noch etwas anderes: Die Zahl machte damals 20 % der Bevölkerung aus. Heute dagegen (1950) stehen nur 11 % der Bevölkerung im schulpflichtigen Alter. Auch darüber lohnt es sich nachzudenken.
Nach dem Tod des zuletzt erwähnten Lehrers im Jahre 1837 trat als neuer Lehrer Carl Eduard Böhm(e) an, der wahrscheinlich ebenfalls bis zu seinem Tode 1868 hier im Amt blieb. Von ihm wissen wir aus der „alten Kirchengalerie Sachsen“ vom Jahre 1842, dass er eine jährliche Besoldung von 163 Talern erhielt. Ein spärliches Einkommen! Und doch ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu dem, was 50 Jahre früher war. Betrachten wir die Bewegung der Schülerzahlen während dieser Zeit, so ergibt sich folgendes Bild:
                                          1840=136, 1850=137, 1860=178, 1870=188


Bedingt durch steigende Schülerzahlen und etwas höhere Anforderungen an den Unterricht zog man 1850 in ein neues und größeres Gebäude um.
Die rasche Aufwärtsentwicklung wie auch das spätere Wiederabsinken muss wohl mit der Blütezeit der Weberei in unseren Orten in Verbindung gebracht werden. Erwähnt sei auch, dass gleichzeitig erstmalig ein zweiter Lehrer in Schnarrtanne beschäftigt war. Leider konnten wir von ihm mit Sicherheit nur noch den Namen (Petzold) ermitteln.

Der Schulbetrieb selbst zeigte um diese Zeit neben dem Lehrstoff und den Lehrmetoden auch rein äußerlich noch wesentliche Unterschiede von dem heutigen. So erfolgten zum Beispiel bis 1871 bzw. 1874 Aufnahmen und Entlassungen regelmäßig neben Ostern auch zu „Michaelis“. Ebenso war es durchaus keine Seltenheit, dass Schüler 9 und 10 Jahre lang die Schule besuchten. Eine andere Tatsache, die vielen nicht bekannt sein dürfte, dass Eltern für ihre Kinder Schulgeld zu entrichten hatten. Es betrug allgemein pro Kind und Tag 3 Pfennige. 

Der nächste im Amt war Friedrich August Popp (1868 bis 1889). Die Schülerzahl war in diesen Jahren, wie schon erwähnt, wieder etwas niedriger:
                                                              1880=144, 1890=148
Jeweils 2 bis 3 Jahrgänge bildeten eine Klasse.

Der letzte Einzellehrer von Schnarrtanne, Herr Ernst Fürchtegott Meschke, gab den Anstoß zum Bau eines neuen Schulgebäudes. Schon 2 bis 3 Jahre nach seinem Amtsantritt wies er den Schulvorstand und die Gemeindeverordneten auf die Notwendigkeit eines Neubaus hin. Von der Forderung ließ er auch nicht mehr ab, und die stetig steigende Schülerzahl bekräftigte sie aufs eindringlichste. Die Gemeindevertreten waren mit dem Plan an sich durchaus einverstanden. Der einzige Grund, der sie zögern ließ, war die Befürchtung, durch den Bau recht tief in Schulden zu geraten und das Schulgeld erhöhen zu müssen. Nachdem schließlich der Bezirksschulrat großzügige finanzielle Unterstützung zusagte, die er später auch verwirklichte, wurde der Bau beschlossen. Die Baufirma Winkelmann aus Auerbach wurde beauftragt, für die Gesamtsumme von 38 000 M (ohne Zaun und Wasserleitung) den Bau auszuführen.

Im zeitigen Frühjahr 1901 wurde mit den Bauarbeiten begonnen, und am 1. Oktober des gleichen Jahres konnte die Schule ihrer Bestimmung übergeben werden. Schnarrtanne konnte stolz sein! Weithin leuchtete das weiß der Ziegel, zudem das kräftige Rot des Daches einen herrlichen Kontrast bildete. Mit Recht zählte man die Schule zu den schönsten des Landes Sachsen.

       
Diese Bilder findet man auch heute noch im Eingangsbereich des Schulhauses  gemalt von Erich Pötschner 1938

Ein ehrendes Andenken soll an dieser Stelle dem Manne gewidmet sein der vom Ende des ersten Weltkrieges bis zu seinem Tode während des zweiten Weltkrieges unsere Schule erfolgreich leitete:
Herrn Schulleiter und Kantor Rudolf Freitag.

Zunächst waren erst zwei große Klassenräume vorhanden. Durch Umbaumaßnahmen entstanden bald noch weitere Räume.

Im April 1945, als der Krieg auch ins Vogtland vordrang, kam der Schulbetrieb vollständig zum Erliegen. Als am 1. Oktober 1945 die Schulen ihre Pforten erneut öffneten, waren es neue, meist recht junge Menschen, die vorher nicht im Schuldienst gestanden hatten, die versuchten, wieder einen geregelten Schulbetrieb durchzuführen. Die Kinder waren in Folge des Krieges stark unterernährt, leicht anfällig für Krankheiten und fehlten deshalb häufig. Andere mussten zum Teil die aus dem Krieg noch nicht zurückgekehrten Väter ersetzen und mit für den Unterhalt der Familie sorgen. Wieder andere konnten bei ungünstigem Wetter den weiten Schulweg nicht gehen, da es an geeignetem Schuhwerk mangelte.
Noch schwerer hatten es die zahlreichen Umsiedlerkinder, die neben der Wirtschaftlichen Not oft jahrelang keinen Unterricht genossen hatten und darum oft 2 bis 3 Klassen tiefer eingeschult werden mussten.
Dazu kam im Winter die Sorge um Die Heizung. Für die Klassenzimmer mussten Öfen und Ofenrohre besorgt werden, beides äußerst schwierig zu bekommende Dinge! Und trotzdem reichte die Heizung nicht aus. Wochenlang konnte nur in zwei Zimmern unterrichtet werden, einmal musste der Unterricht vorrübergehend sogar ganz eingestellt werden.

Das alles liegt hinter uns. Nach Überwindung der größten Schwierigkeiten war bald von Jahr zu Jahr eine merkliche Aufwärtsentwicklung festzustellen. Eltern und Öffentlichkeit zeigten Interesse an der Arbeit der Schule und ließen es an Unterstützung nicht fehlen. Hier sei vor allem der „Freunde der Schule“ gedacht, die seit 1949 die Sorgen und Nöte der Schule mit zu den ihren machten und die Arbeit erleichterten.

 

Nach 1960 war das Ziel, auch in Schnarrtanne eine 10-Klassen-Schule einzurichten. Mit Brunn bildete man ein Schulkombinat. So lernten in Brunn die Klassen 1 bis 4 und in Schnarrtanne die Klassen 5 bis 10.

Die vorhandenen Klassen räume reichten nicht aus, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Somit reifte 1961 der Entschluss, einen Schulanbau vorzunehmen. Eltern, Lehrer und Schüler beteiligten sich und leisteten ehrenamtliche Aufbauhilfe. 1965 konnte die erste 10. Klasse erfolgreich ihren Abschluss feiern.

Durch den Anbau gab es in der Schule Platz für Fachunterrichtsräume für Physik, Chemie, Biologie, Sprachen, Musik und Zeichnen. Im Keller des Anbaus wurden eine Schulküche und der Speiseraum untergebracht.
Gleichzeitig konnten noch zwei Horträume gewonnen werden. Der Dachboden wurde für den Werkunterricht ausgebaut.

Im Altbau entstanden Fachkabinette für Biologie, Physik und Geografie mit den jeweils erforderlichen Nebenräumen. Hinzu kamen ein Lehrerzimmer und eine Hausmeisterwohnung.

Bis 1991 blieb die Schule in Schnarrtanne eigenständig. 124 Schüler in den Klassenstufen 5 bis 10 wurden unterrichtet.
Mit dem Schuljahr 1992 kam das neue Schulsystem zum Tragen. Schnarrtanne wurde sogenannte Nachbarschaftsschule der Mittelschule Hinterhain. Angeboten wurden die Profile Wirtschaft und Technik.

Die Weiterführung der Mittelschule als Außenstelle war jeweils nur befristet genehmigt. Auch war durch die sinkende Geburtenzahl die Zweizügigkeit der Mittelschule gefährdet.

Im Juni 2000 ertönte in der Schule Schnarrtanne des Klingelzeichen zum letzten Mal. Mit der Eröffnung der Seminarschule in Auerbach wurde die Schule in unserem Ort geschlossen.

Es ist immer schwer, sich von einer liebgewonnenen Einrichtung zu verabschieden, besonders jedoch ein Jahr vor dem 100. Geburtstag unserer Schule.


(Aus der Festschrift „Heimatfest 1950“ zur Verfügung gestellt von Mike Schneider und der Festschrift „450 Jahre Schnarrtanne – 590 Jahre Vogelsgrün – 75 Jahre Paul-Gerhardt-Kirche“ 2001, herausgegeben vom damaligen Ortschaftsrat, Foto zur Verfügung gestellt von Familie Wendler)

 

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